Wahlfreiheit zwischen G8 und G9
(Bericht aus der Idsteiner Zeitung vom 17.05.2013
von Marion Diefenbach)
Podiumsdiskussion
mit Kultusministerin Nicola Beer
„Ein schwieriges, emotionales Thema“ habe
die unvorhergesehene Tagesaktualität der bereits vor drei
Monaten geplanten FDP-Veranstaltung herbeigeführt, sagte
Roland Hoffmann, Vorsitzender der FDP Idsteiner Land, zum Auftakt der
Podiumsdiskussion mit Kultusministerium Nicola Beer.
Sie stellte in ihrem Kurzvortrag die mit Slogans wie „G8 ist
nicht das Ende der Kindheit“ beworbene und ab
Schuljahresbeginn 2013/2014 geltende Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 an
Gymnasien in den Gesamtkontext einer angestrebten individuellen
Förderung der Jugendlichen. Es gehe um die visionäre
Zukunftsperspektive „Vielfalt, Freiheit,
Qualität“ im Sinne einer
„selbstständigen Schule“ für
flexibles Reagieren vor Ort statt einer zentralen Maßgabe
für das umgesetzte Konzept.
Modell mit drei Bausteinen
Dabei habe man ein Modell mit drei Bausteinen entwickelt: Zum einen
werde es 50 Stellen mehr für Lern- und Übungszeiten
an Schulen geben, bei denen G8 bereits umgesetzt wird; ein zweiter
Baustein sei die Wahlfreiheit der Schulen: 40 von 107 hessischen
Gymnasien stünden vor dem Wechsel zu G9; schließlich
sei das Parallelangebot von G8/G9 als Schulversuch vor allem im
ländlichen Raum bereits von elf Schulen zum nächsten
Schuljahr beantragt worden. Da die dauerhafte Tragbarkeit des
entsprechenden Mehraufwands noch nicht festgestellt sei, könne
dieses Konzept noch nicht als Regelangebot in das Schulgesetz
übernommen werden.
Qualität hänge vor allem von der „Person
des Lehrers“ ab, so Beer; daher sei für das
nächste Schuljahr eine Lehrerversorgung von durchschnittlich
105 Prozent vorgesehen, auch um mögliche Engpässe
etwa durch Krankheit zu vermeiden. Je nach Sozialindex liege der
Korridor sogar zwischen 104 und 120 Prozent, und darüber
hinaus sei die Klassenstärke um drei reduziert worden, sagte
die Ministerin.
In der nachfolgenden Podiumsrunde berichtete Jeanett Jacobsen,
Schulelternbeiratsvorsitzende der Idsteiner Limesschule, von der an
allen Schulen im Idsteiner Land brieflich durchgeführten
Umfrage zur Elternpräferenz betreffend G8/G9. Nach den bisher
nur von den Grundschulen erhaltenen Rückläufen
bevorzugen 91 Prozent der Eltern G9, sagte Jacobsen, und nahm die
Gelegenheit wahr, die Ministerin um Zuweisung des an der Limesschule
fehlenden Schulleitungsvertreters und des demnächst in Rente
gehenden Schulleiters zu bitten.
Auf die Frage des Landtagsabgeordneten Stefan Müller
äußerte sich Matthias Bosse, Direktor der
Alfred-Wegener-Schule in Kirchhain mit viel praktischer Erfahrung mit
Schulformen und Konzeptumstellungen, zu den Kernpunkten, die nach
seiner Einschätzung in Nachhaltigkeit und Belastbarkeit
lägen. Viele Schulen seien allzu schnell dabei, ein neues
Konzept ohne fundierte Abwägung der Voraussetzungen und die
nötige Einbindung der Betroffenen in den Entscheidungsprozess
zu übernehmen. In Idstein habe man mit überlegtem
Vorgehen in Form der Einholung eines Meinungsbilds den richtigen Weg
eingeschlagen, sagte Bosse. Letztlich sei jedoch nicht die Schulform
entscheidend, sondern was jede Schule aus ihrem Konzept mache.
Lieber G9
Von der praktischen Durchführung der Schüler- und
Elternbefragung am Idsteiner Pestalozzi-Gymnasium berichtete der
stellvertretende Schulsprecher Tristan Steeg; nach dem bisherigen Stand
– also den Erhebungen nur bei der Schülerschaft
– zeichne sich eine deutliche Tendenz zu G9 ab, sagte Steeg.
„Keine wirklich befriedigende Lösung“ sei
hinsichtlich der Übergangsregelung für die
derzeitigen fünften und sechsten Klassen möglich,
räumte Ministerin Beer auf vielfache Nachfrage ein. Aufgrund
der Erfahrungen aus der bisherigen Praxis habe man
beschließen müssen, von den jetzigen
fünften Klassen aus durchgehend aufzubauen: zu dem
nötigen „Vertrauensschutz“ für
diejenigen, die schon im System sind, also der Vermeidung einer
notwendigen Umschulung, gebe es keine Alternative. Dass dies letztlich
zwar Wahlfreiheit für die Schulen, jedoch nicht für
die Eltern bedeute, stand im Mittelpunkt der abschließenden
Fragerunde mit dem Publikum. „Es wird etwas dauern, bis alle
Angebote umgesetzt sind“, sagte Beer, die seit einem Jahr im
Amt ist.
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