Gegen das Vergessen
Holocaust: Schüler
stellen Ausstellung über die Schicksale der jüdischen
Familien Kahn und Grünebaum zusammen
(Interview aus der Idsteiner Zeitung vom 31.03.2015
von Ingrid Nicolai)
Idstein - „7Steine – 7Leben“
lautet der Titel einer Ausstellung, die derzeit im Stadtmuseum im
Killingerhaus zu sehen ist. Wir sprachen mit der Stadtarchivarin
Claudia Niemann, die diese Ausstellung mit konzipiert hat.
Frau Niemann, was
erwartet denn die Besucher von „7Steine
– 7Leben“. Was verbirgt sich hinter diesem Titel?
Im November 2014 hat der Künstler Gunter Demnig in Idstein
sieben Stolpersteine für jüdische Opfer des
Holocausts verlegt. Drei Steine für die Familie Julius Kahn
und vier Steine für Familie Grünebaum. Die
Ausstellung erzählt die Geschichten, die hinter diesen
Stolpersteinen stehen. Die Geschichten von sieben Idsteinern, die aus
ihrer Heimatstadt vertrieben und später im KZ ermordet wurden
oder den Freitod wählten.
Wer war an der
Entstehung der Ausstellung beteiligt?
Die Initiative für die Stolperstein-Verlegung ging beinahe
zeitgleich von Schülern der IGS Wallrabenstein und der
Pestalozzischule Idstein aus. Die Schüler recherchierten,
unterstützt von engagierten Lehrerinnen und Lehrern, und kamen
so auf die Stadt und damit das Idsteiner Stadtarchiv zu. Wir haben dann
Gerhard Buck um Hilfe gebeten, der sich schon seit vielen Jahren mit
der Geschichte der Juden nicht nur in unserer Region
beschäftigt. Er knüpfte unter anderem den Kontakt zu
Nachfahren, die Idstein übrigens bald besuchen werden.
Unterstützt wurden wir auch vom Hessischen Hauptstaatsarchiv
und vom Fritz-Bauer-Institut Frankfurt. Schnell war allen Beteiligten
klar, dass es nicht nur bei der Stolperstein-Verlegung bleiben soll,
sondern dass eine ergänzende Ausstellung Sinn macht.
Wie haben Sie
persönlich die Zusammenarbeit mit den
Schülern erlebt?
Es war eine spannende und lange Zeit. Wir haben ja über zwei
Jahre an der Umsetzung des Projekts gearbeitet. Die
Schülergruppen beider Schulen waren sehr interessiert.
Während die IGS in einer AG nach Familie Grünebaum
forschte, beleuchteten die Schüler der PSI Familie Kahn und
die Geschehnisse des Pogroms in Idstein im Rahmen einer Projektwoche.
Übrig blieb in beiden Fällen ein „harter
Kern“, der noch tiefer in die Recherche einstieg. Das echte
historische Interesse und die tiefe Empathie dieser Schüler
und Schülerinnen für die beiden umgekommenen Familien
– das war für mich beeindruckend.
Die Jungen und
Mädchen waren ja teilweise noch sehr jung, als
Sie das Stolperstein-Projekt anstießen. Für welches
Alter wurde die Ausstellung konzipiert?
Ja, die Schüler der PSI waren in der siebten Klasse, als
erstmals der Wunsch entstand, für ein jüdisches
Idsteiner Kind einen Stolperstein zu verlegen. Die Ausstellung wurde im
Prinzip von Schülern für Schüler gemacht.
Sie ist aber in ihrer Qualität geeignet für jeden,
der sich über das Schicksal der Idsteiner Juden im
Nationalsozialismus informieren möchte. Neben Informationen
zum Judenpogrom 1938, den detaillierten Beschreibungen der Familien
Kahn und Grünebaum auch vor 1933 sowie der Recherchen zu ihrem
Schicksal berichtet die Ausstellung auch über kleine
Ansätze des Widerstands oder der Verweigerung.
Wie lange ist die
Ausstellung noch zu sehen? Können spezielle
Führungen – etwa für Schulklassen
– gebucht werden?
Die Ausstellung wird noch bis zu den Sommerferien zu sehen sein.
Spezielle Führungen für Schulklassen wurden bisher
nicht angefragt. Im Rahmen der Aktionswoche zu „675 Jahre
Schule in Idstein“ werden am 7. und 8. Mai zwei
Sonderführungen durch Schüler angeboten. Es
wäre für die engagierten Schüler
schön, wenn dieses Angebot entsprechend genutzt würde.
Gibt es Zusatzmaterial
zum besseren Verständnis?
Da die Ausstellung zeitlich begrenzt ist, hielten wir es für
sinnvoll, die Ergebnisse der Recherchen schriftlich festzuhalten. Der
Magistrat der Stadt Idstein hat eine kleine Broschüre
herausgegeben, die ich gemeinsam mit Herrn Buck geschrieben habe. Diese
Broschüre mit dem Titel „Die Familien Kahn und
Grünebaum in Idstein. Opfer von Vertreibung und
Holocaust“ ist gegen einen kleinen Kostenbeitrag bei der
Tourist-Info im Killingerhaus erhältlich.
Hinweis
Im Erweiterungsbau des Stadtmuseums in der Obergasse 1
ist noch bis zu den Sommerferien die Ausstellung 7Steine –
7Leben zu
sehen.
Öffnungszeiten: Dienstag und Mittwoch 8 bis 12 und 14
bis
17 Uhr; Donnerstag und Freitag 8 bis 12 und 14 bis 18 Uhr; Samstag 11
bis 16 Uhr; Sonn- und Feiertage 14 bis 17 Uhr; Montag geschlossen.
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Stand: [AKTUZEIT] |