Stolpersteine gegen das Vergessen
(Bericht aus der Idsteiner Zeitung vom 02.03.2013
von Volker Stavenow)
Schüler
auf den Spuren jüdischer Nazi-Opfer aus Idstein /
Unterstützung durch Stadt und Historiker
Der Magistrat hat es positiv entschieden, der Sozialausschuss zur
Kenntnis erhalten: Zur Erinnerung an die jüdischen Opfer des
Nationalsozialismus sollen in Idstein sogenannte Stolpersteine verlegt
werden. Das Stadtarchiv soll die Verlegung der Stolpersteine
koordinieren und bei der Recherche der jüdischen
Bürger mithelfen. Ausgelöst wurde dieses Projekt von
Schülern: Sowohl in der IGS Wallrabenstein als auch im
Pestalozzi-Gymnasium beschäftigen sich Schüler mit
dem Thema im Unterricht und stießen die Verlegung der
Stolpersteine an. Stolpersteine sind in der Regel Messingplatten, auf
denen der Name des jüdischen Opfers mit Geburts- und Todestag
eingraviert ist, und auf einem Stein im Pflaster montiert wird. Oft
steht noch dabei, wohin der Mensch deportiert und wo er umgekommen ist.
Für Idstein werden zwischen 15 und 20 Steine vorgeschlagen.
Nur Bruchstücke
bekannt
Bisher gibt es in der Stadt kein namentliches Gedenken an die
jüdischen Bürger, die im Nationalsozialismus ermordet
wurden. Ihr Geschichte ist nur bruchstückhaft bekannt. Auf
jüdische Mitbürger verweisen der jüdische
Friedhof gegenüber der Lore-Bauer-Halle, die
Felix-Lahnstein-Straße und eine Messingplatte in der
Altstadt, die auf den ehemaligen Standort der Synagoge aufmerksam macht.
Bei dem Projekt der Stolpersteine handelt es sich um eine Initiative
des Künstlers Gunter Demnig, der mit dieser europaweiten
Aktion an die Opfer der Nazi-Zeit erinnert. Deutschlandweit wurden
bereits mehr als 27 000 Stolpersteine auf Gehwegen verlegt. Auch in
Gemeinden in der Region, wie Limburg, Bad Camberg, Bad Schwalbach oder
Oestrich-Winkel, sind solche Stolperstein-Projekte in Planung oder
bereits umgesetzt.
Erste Recherchen nach Schicksalen Idsteiner Juden wurden bereits von
den Schülern der IGS Wallrabenstein und des
Pestalozzi-Gymnasiums begonnen. Unterstützung bei ihren
Nachforschungen für das Projekt haben bisher der Walsdorfer
Historiker Gerhard Buck, das hessische Hauptstaatsarchiv Wiesbaden und
das pädagogische Zentrum des Fritz-Bauer-Instituts Frankfurt
zugesagt.
Als sich im Sommer vergangenen Jahres Schüler der IGS
Wallrabenstein mit der Idee der Stolpersteine an Bürgermeister
Gerhard Krum wandten, zeitgleich PSI-Schüler im
Religionsunterricht über das Schicksal der Juden
recherchierten, und daraus der Schülerwunsch entstand, einen
Stolperstein für ein ermordetes Kind zu setzen, rannten damit
die Jugendlichen beim Stadtoberhaupt offene Türen ein.
Stadtarchiv einbezogen
Gerhard Krum vermittelte sie an das Stadtarchiv. Der
Bürgermeister stellte im Oktober vergangenen Jahres dem
Magistrat beide Schulprojekte vor und die Stadträte erachteten
es als sinnvoll, beide Inititiaven gemeinsam zu besprechen und
umzusetzen.
Die Stolpersteine sollen nicht alle auf einmal, sondern nach und nach
gesetzt werden. Dies soll kontinuierlich erfolgen. Zwischen einzelnen
Verlegungen liegen also nicht mehrere Jahre. Darum bedarf es auch der
städtischen Entscheidung, weil so die Verbindlichkeit der
Aktion gewährleistet ist.
Zunächst soll sich die Aktion auf die ermordeten Opfer
konzentrieren, die in Idstein geboren wurden und deren Familien schon
lange hier lebten. Später sollen Steine für Menschen
ergänzt werden, die nicht in Idstein geboren wurden, aber
ihren letzten freiwillig gewählten Wohnort vor ihrer
Deportation in der Stadt hatten. Keine Stolpersteine gibt es
für Menschen, die ins Ausland emigrierten.
Die Schüler sehen ihre Aufgabe nicht nur in reiner Recherche
der Lebens- und Todesdaten. Vielmehr wollen sie versuchen,
möglichst viel über das Leben der Ermordeten
herauszufinden. Vorstellbar ist die Suche nach Bildern, Briefen,
Schulbesuchen, Vereinsmitgliedschaften oder
Verwandtschaftsverhältnissen. Daraus könnte eine
Dokumentation erstellt werden, als Broschüre oder als
Loseblatt-Sammlung. Denkbar ist für die Schüler aber
auch eine Ausstellung oder ein Internetauftritt mit den Ergebnissen
ihrer Recherchen.
Angehörige
informieren
Wichtig ist allen Beteiligten: Die Angehörigen der Opfer
sollen über das Projekt der Idsteiner Stolpersteine informiert
werden. Falls die Nachkommen und Verwandten damit nicht einverstanden
sind, soll auf eine Verlegung verzichtet werden. Um Akzeptanz soll
weiter auch bei den Hausbesitzern geworben werden, vor deren Haus ein
Stolperstein verlegt werden soll.
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Stand: [AKTUZEIT] |