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Islamunterricht
an Wiesbadener Schulen

(Bericht aus der Allgemeinen Zeitung Mainz vom 21.09.2013 
von Wolfgang Wenzel)

In ihrem Unterricht heißt Gott nicht Allah, sondern Gott. „Es gibt nur einen“, sagt die Lehrerin Suzan Demir, die in der Brüder-Grimm-Schule das neu eingeführte Fach islamische Religion unterrichtet.

Vor der ersten Stunde seien die Eltern aufgeregter gewesen als die Schüler. „Kommen Sie in anderthalb Stunden wieder und holen Sie ihre Kinder ab“, sagte sie ihnen und schickte viele Väter und Mütter weg, die am liebsten gleich mit in die Klasse gekommen wären. Dann ging es los. Mit dem bekenntnisorientierten islamischen Unterricht, der in Hessen als dem bislang einzigen Bundesland greift und den Kindern eine Anleitung geben soll zu Konflikt- und Kritikfähigkeit. Eine Wegweisung, damit sie über ihren Lebensentwurf entscheiden können.

Das Wort Moschee

Von den Erstklässlern der Brüder-Grimm- und Carlo-Mierendorff-Schule, die Demir gemeinsam unterrichtet, sind noch keine großen Sprünge zu erwarten. Sie müssen lesen und schreiben noch lernen. Also begann die Pädagogin mit einem Sitzkreis, damit die Kinder von sich erzählen konnten.

Was sie verbindet, was sie unterscheidet. Die Schüler aus der Türkei, aus Äthiopien und Bosnien. Wie die islamischen Gotteshäuser in ihren Landessprachen heißen, hätten alle gewusst. Das deutsche Wort Moschee habe kaum einer gekannt, sagt die Lehrerin, die im Unterricht an die Alltagserfahrungen der Kinder anknüpft und den spielerischen Moment betont.

Demir kommt, wie sie sagt, aus keinem religiös orientierten Elternhaus. Sie stammt aus Mardin, einer türkischen Stadt an der syrischen Grenze. Dort war sie wieder vor einem Monat zu Besuch, als Krieg in der Luft lag und viele Menschen dort trotzdem keine Angst hatten. „Die ganze Welt steht hinter uns“, das hätten viele geglaubt. 1993 flüchtete sie als Siebenjährige mit ihren Eltern, kam nach Gießen und wurde als Asylsuchende anerkannt. Dann machte sie ihren Weg. Reifeprüfung, Studium, Referendariat. Seit zwei Jahren unterrichtet Demir die fünften bis zehnten Klassen in der Gesamtschule Wallrabenstein bei Hünstetten. In Fächern wie Mathematik und Chemie.

Was führt eine studierte Naturwissenschaftlerin zur Religion? Die Lehrerin lacht: In Mathematik könne man noch so viele Formeln ableiten, wie man wolle. Es gebe welche, die müsse man glauben: „Man muss sie halt auswendig lernen“, sagt Demir, die ihr Studium um ein Zweites ergänzte, nachdem sie im Amtsblatt gelesen hatte, dass das Land Hessen ausgebildete Kräfte für islamische Religion suche. Eine Koranschule habe sie nie von innen gesehen, dafür habe ihr Elternhaus gesorgt. Als sie dann vor den schweren Prüfungen im Studium stand, habe sie gebetet, ganz für sich. Das habe gewirkt, sagt Demir.

Sie wolle im Religionsunterricht gegen das Halbwissen angehen. Viele glaubten an den Islam, doch ihnen fehlen die Kenntnisse. Religionsunterricht sei Wissensvermittlung und Werteerziehung zugleich: „Eines geht ohne das andere nicht“, sagt die Lehrerin.

Eines ihrer Schlüsselworte heißt Interreligiöser Dialog. Viele Menschen dächten gleich an Salafisten und Islamisten, an abschreckende Bilder und falsche Idole, wenn sie Islam hörten. „Doch die Religion kennen sie nicht“, sagt Demir. Sechs Stunden Unterricht in Wallrabenstein, dann der Weg nach Kostheim, vielleicht noch zehn Minuten Pause. „Das ist ganz schön anstrengend. Doch es lohnt sich“, sagt die Lehrerin.

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Ansprechpartner: Frau Demir
Stand: [AKTUZEIT]